Molekularsiebe im Detail erklärt: Mehr als nur Schutz vor Feuchtigkeit

Was Molekularsiebe sind, wie die Adsorption von Wasser und anderen Stoffen funktioniert und welche Anwendungen besonders profitieren


Molekularsiebe sind in vielen industriellen Anwendungen unabdingbar. In der Sauerstoffaufbereitung, Paraffin-Trennung, Rauchgastrocknung als auch Gasaufbereitung und Petrochemie kommen verschiedene Arten von Molekulasieben zum Einsatz. Dort sichern sie die Qualität der Prozesse, indem sie ungewollte Feuchtigkeit und andere Stoffe aufnehmen. Für Unternehmen, die große Mengen Molekularsieb einsetzen und in ihre Prozesse integrieren, lohnt sich ein genauer Blick auf Funktionsweise, Vorteile und Auswahlkriterien.  


Was ist ein Molekularsieb?

Molekularsiebe – auch Molsieb genannt – sind synthetische Zeolithe, die überwiegend aus kristallinen Aluminosilikaten bestehen. Sie kommen zustande, wenn Siliciumdioxid und Aluminiumoxid ein dreidimensionales Kristallgitter aus Tetraedern bildet. Der Name gibt sofort Aufschluss über die Funktion: Molekularsiebe filtern bestimmte Moleküle wie ein Sieb. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn Feuchtigkeit oder bestimmte Gase und Moleküle aus der direkten Prozessumgebung gefiltert werden müssen. 

Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein normales Granulat aussieht, zeigt sich unter dem Mikroskop eine ganz besondere Struktur. Innerhalb der Kristallgitter bilden sich unzählige Hohlräume, die nur über strikt definierte Poren zugänglich sind. Moleküle, die klein genug sind, gelangen in die Hohlräume, Moleküle die zu groß sind, bleiben draußen. Dank dieser definierten Poren wird eine selektive Stofftrennung bzw. Aufnahme nach Molekülgröße ermöglicht. 


Absorption vs. Adsorption – So nehmen Molekularsiebe Stoffe auf

Um die genaue Funktionsweise von Zeolithen zu verstehen, hilft die Unterscheidung zwischen zwei ähnlichen, aber doch verschiedenen Prozessen. Bei beiden werden Stoffe aufgenommen, aber über andere Wege:


Absorption

= Volumenprozess

Moleküle dringen tief in das Innere des Materials ein und werden mit in das Volumen aufgenommen. Vergleichbar wäre ein Schwamm, der sich mit Wasser vollsaugt.  



Adsorption

= Oberflächenprozess

Moleküle dringen nicht in das Innere der Trockenperlen ein, sondern lagern sich nur an der Oberfläche ihrer Poren und Hohlräumen an, wo sie dank physikalischer Wechselwirkungen festgehalten werden.  

Molekularsiebe nehmen Stoffe durch das Prinzip der Adsorption auf. Dank der unzählige Poren und Hohlräume in den Käfigen bildet sich eine enorm große Oberfläche von bis zu 1250m² pro Gramm Material, an der sich Moleküle anlagern können. 

Die Aufnahme von Molekülen erfolgt über den gesamten Vorgang rein physikalisch (Physisorption) – ohne feste chemische Verbindungen. Insbesondere polare Moleküle werden durch van-der-Waals-Kräfte und Dipol-Wechselwirkungen an der Oberfläche des Zeoliths angezogen. Dies geschieht durch die je nach Art eingebauten Li⁺, Na⁺, Ca⁺ und K⁺ Kationen, die lokale elektrostatische Felder erzeugen. Vergleichen lässt sich der Vorgang wie mit einem Magnet. Er zieht metallische Gegenstände a sich, wenn man aber mit genug Kraft daran zieht, lösen sich beide Seiten wieder voneinander.   

Die gezielte Verwendung der Li⁺, Na⁺, Ca⁺ und K⁺ Kationen ist zudem maßgeblich dafür verantwortlich, welche Moleküle im Molekularsieb adsorbiert werden können. Sie sind nicht nur verantwortlich für das elektrostatische Feld, sondern verkleinern oder vergrößern die Porenöffnung des Kristallgitters, indem sie leicht in die Poren hineinragen. Da die Kristallgitter durch ihre besondere Atomstruktur immer gleichmäßig und wiederholend sind, entstehen so die exakt definierten Poren, die charakteristisch für das Molsieb sind: 

Li⁺  Molekularsieb 3A

Na⁺  Molekularsieb 4A

Ca⁺  Molekularsieb 5A

K⁺  Molekularsieb 13X


Adsorptions Mechanismus von Molekularsieb. Moleküle in Käfigstruktur.


Typ A und Typ X – Das ist der Unterschied

Die beiden Typen A und X unterscheiden sich technisch gesehen in ihrer Struktur und den daraus resultierenden Porengrößen. 

Molekularsiebe vom Typ A bestehen im Kern aus Tetraedern, die kubische Kristallgitter formen, auch LTA-Struktur genannt. In seiner Standardform hat dieses Zeolith A eine Porengröße von 4Å, welche durch den gezielten Austausch von Kationen auf 3Å verkleinert oder auf 5Å vergrößert werden kann.  

Der Typ X dagegen besteht aus synthetischem Faujasit, das auf einem natürlich vorkommenden Mineral basiert und eine FAU-Str​uktur bildet. Diese spezifische Struktur setzt sich genau wie beim Typ A aus Tetraedern zusammen, die ein Käfigsystem bilden. In der FAU-Struktur sind die Tetraeder jedoch geometrisch anders angeordnet und vernetzt, wodurch sie "Superkäfige" mit großen Porenöffnungen von bis zu 10Å bilden.     

Der Unterschied zwischen Molekularsieb Typ A und Typ X liegt also in der LTA- und FAU-Struktur, die durch unterschiedliche Geometrien unterschiedlich große Porenöffnungen bilden. 


Typische Einsatzfelder für Molekularsieb

Die Einsatzmöglichkeiten von Molsieben sind breit gefächert. Als Trockenmittel schützt es zuverlässig vor Schäden, die durch ungewünschte Feuchtigkeit entstehen können. Darüber hinaus wird es wegen seiner Siebwirkung auch als Filtermedium in verschiedensten Prozessen verwendet. Je nach Produktvariante und der damit definierten Porengröße ergeben sich die jeweiligen Anwendungsbereiche: 

  • Trocknung von Ethan in der Petrochemie
  • Schutz von Katalysatoren
  • Trocknung von LPG 
  • Kunststoff-Granulat-Trocknung
  • Rauchgastrocknung in Biogasanlagen
  • Kalt regenerierende Adsorptionstrockner in der Druckluftaufbereitung
  • Normal- und Iso-Paraffin Trennung in Raffinerien
  • Trocknung von Ölen und Fetten in der Lebensmittelindustrie
  • Stickstofffilterung in PSA Sauerstoffaufbereitungs-Anlagen
  • CO₂ Entfernung in Biogasaufbereitung


Vorteile gegenüber anderen Trockenmitteln

Zeolithe sind nicht die einzigen Trockenmittel, die auf dem Markt existieren. Oft wird auch deutlich günstigeres Calciumchlorid oder Silicagel verwendet. Molsiebe haben jedoch einige Eigenschaften, durch die sie sich ganz klar abheben und für spezifische Anwendungen für industrielle Großkunden interessant werden. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist die selektive Adsorption von verschiedenen Molekülen, die über die reine Funktion als Trockenmittel für Feuchtigkeit hinausgeht.  

Calciumchlorid verflüssigt sich beim Binden von Wasser und ist aufgrund der unsauberen Handhabung nur für sehr einfache Anwendungen geeignet, die keine reinen Prozessbedingungen erfordern (z.B. Luftentfeuchtung). Gerade bei industriellen Anwendungen ist eine Verflüssigung des Trockenmittels oft jedoch nicht tragbar. 

Silicagel wird häufig in technischen Anwendungen eingesetzt und bietet robuste, formstabile Trockenperlen, die in erster Linie Wasser adsorbieren und sich preislich im Mittelfeld befinden. Im Gegensatz zu Molekularsieben bieten sie keine Tiefentrocknung im ppm-Bereich und keine gezielte selektive Adsorption anderer Moleküle.   


Calciumchlorid

Adsorbeirt Wasser

Einfache Anwendungen wie z.B. Luftentfeuchtung

Ungeeignet für technische Hochleistungsprozesse

Silicagel

Adsorbiert Wasser

Geeignet für technisch fordernde Prozesse

Keine Trocknung <10ppm

Taupunkte bis ca. -60°C

Molekularsieb

Selektive Adsorption von mehreren Stoffen und Gasen

Trocknung von Gasen <1ppm

Trocknung von Flüssigkeiten <10ppm 

Taupunkte bis -100°C

Molekularsiebe sind wie Silicagele thermisch vollständig regenerierbar, benötigen dafür aber deutlich höhere Temperaturen von 300°C und damit auch einen höheren Energieeinsatz. Im Gegenzug ermöglichen Zeolithe dafür eine kalte Regeneration, bei der das Granulat durch Wechselbetrieb mit getrockneter Druckluft ohne Unterbrechung während des laufenden Prozess regeneriert wird. Zudem sind Molsiebe dank ihrer besonderen Käfigstruktur robust genug, um bei richtigem Einsatz mehrere tausend Regenerationszyklen ohne Verluste ihrer Adsorptionskapazität zu überstehen. 


Worauf beim Einsatz von Molekularsieb zu achten ist

Auch wenn Molekularsiebe viele Vorteile bieten, hängt ihre Wirksamkeit direkt von der richtigen Anwendung ab. Ein wichtiger Punkt ist die initiale Wahl des Typs und der Körnung. Die genau definierte Selektivität von Stoffen und Molekülen bei Zeolithen ermöglicht von Beginn an eine präzise Abstimmung auf das geplante Einsatzgebiet. Kleinporige Körner haben eine größere spezifische Oberfläche und adsorbieren Feuchtigkeit besonders schnell, sind aber schneller gesättigt. Größere Körner reagieren langsamer, sind dafür aber mechanisch robuster, insbesondere bei hohen Volumenströmen in technischen Anlagen. Je nach Prozess- und Anlagengegebenheiten muss hier abgewogen werden. 

Die Verpackung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Kleine Beutel, wie sie beispielsweise in Laboranwendungen genutzt werden, müssen atmungsaktiv sein, damit die Feuchtigkeit ungehindert zu den Poren gelangen kann, gleichzeitig aber reißfest und stabil, um ein Austreten der Körner zu verhindern. Für industrielle Anwendungen gibt es Filtergehäuse oder Patronen, die in Geräten eingebaut werden und größere Mengen an Molekularsieb fassen können. Diese Großmengen werden meist in luftdichten Kanistern oder Fässern geliefert. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Behälter stets verschlossen bleiben, da die Siebe sonst bereits vor der eigentlichen Nutzung Feuchtigkeit aufnehmen und ihre volle Adsorptionskapazität verlieren.

Auch die Umgebungsbedingungen sind relevant. Je höher die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit, desto stärker kann die Adsorptionsleistung variieren.

Greifen Sie im Zweifel immer auf die Angaben aus den mitgelieferten technischen Datenblättern zurück und halten Sie sich immer an die Anweisungen, die dem ebenfalls mitgelieferten Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen sind. 


So wählen Sie das richtige Molekularsieb

Unternehmen, die Molekularsiebe in großen Mengen einkaufen, sollten bei der Auswahl nicht nur auf den Preis achten. Zeolithe variieren in ihrer Porengröße, Körnung, aber auch in der Materialzusammensetzung bei Spezialvarianten. 

Zusätzlich spielen auch die Umgebungsbedingungen am Einsatzort einen maßgebenden Faktor, der bei der Entscheidung zu beachten ist. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen schnellen Überblick, wann welches Silicagel aus unserer PORESPHERE™-Reihe verwendet werden sollte: 

CAGESPHERE™ 3A

Porenöffnung: 3Å

Adsorbiert ausschließlich Wasser (H₂O)

Andere Stoffe werden nicht beeinträchtig

Präzise Trocknung im ppm-Bereich


CAGESPHERE™ 13X

Porenöffnung: 10Å

Adsorbiert Wasser und große Moleküle

Adsorbiert auch kleine organische Moleküle

Präzise Trocknung im ppm-Bereich

CAGESPHERE™ 5A

Porenöffnung: 5Å

Adsorbiert Wasser, Kohlendioxid und mittelgroße Moleküle

Große Moleküle

Präzise Trocknung im ppm-Bereich

CAGESPHERE™ 4A

Porenöffnung: 4Å

Adsorbiert Wasser, Methan und andere kleine Gase

Mittelgroße bis große Moleküle 

Präzise Trocknung im ppm-Bereich



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